Neubau der Autobahn A 44 zwischen Kassel und Eisenach ... eine lange Geschichte

3. Oktober 1990 Wiedervereinigung.

Januar 1991:
Günther Krause wird Verkehrsminister, nimmt eine Bestandsaufnahme der Verkehrssituation in den neuen Bundesländern vor und legt bereits am 9. April dem Bundeskabinett einen Vorschlag über 17 Projekte -darunter rund 1200 km Autobahn- vor. Die Projekte wurden ohne weitere Bewertung in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Wenn 400 Kilometer Autobahn pro Monat geplant werden, wird schon mal übersehen das die Projekte 13 (A38) und 15 (A44) die gleichen überregionalen Ziele bedienen. Wobei die A44 auch noch durch eine Landschaft gehen soll, die für den Bau einer Autobahn eher suboptimal ist.

Ist die Streckenführung eventuell dadurch entstanden, dass die A44 an die A4 anschließt und so die Verbindung Rotterdam Dresden über die Thüringische Landeshauptstatt Erfurt geht? Die geplante Strecke über die A44 ist auch ohne die in der Entstehung befindliche Abkürzung bei Leipzig schon ca. 7 Km länger als die über die A38. Die Frage scheint berechtigt, denn das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8, die ICE Strecke München Berlin, macht den gleichen Schlenker über Erfurt. Dort wird der Umweg mit 20 Minuten mehr Fahrtzeit und ca. 2 Milliarden Mehrkosten taxiert. (Martin Vieregg, Verkehrsplaner im Auftrag der Bahn)
Krause hatte in der Folge ein bisschen Probleme mit der Raststätten Affäre und wurde auch noch kommissarisch Postminister.

Die rotgrüne Koalition 1991-1995 in Hessen lehnte in Ihrem Koalitionsvertrag das Projekt A44 Kassel-Eisenach als unnötig ab. Autobahnen sind aber nun mal Bundessache. Der Planungsauftrag ist durch das Bundesland auszuführen. Da hat eine Landesregierung wenig Spielraum, kann aber in begrenztem Umfang mitgestalten.

Schon damals war klar, dass auf dieser Strecke eine Autobahn durch das Verkehrsaufkommen nicht begründbar ist, Umgehungsstraßen an den Bundestraßen B7 und heutiger B400 hingegen schon.

Der Koalitionsvertrag Rotgrün 1995 nimmt deshalb die Pflicht zur Planung zähneknirschend zur Kenntnis und einigt sich darauf mit einem Ausbauzustand zu planen, der Umwelteingriffe minimiert und insbesondere die Regionalerschließung sicherstellt. Also die Autobahn A44 als fetten Umgehungstraßenersatz. Diese Einschätzung war damals durch Gutachten begründet und wird durch die aktuelle Verkehrsuntersuchung erneut bestätigt.

Rotterdam (größter Seehafen Europas) – Dresden. Der kürzere und flachere Weg ist die Nordroute über Halle und Leipzig.

 

Von den ca. 40.000 Fahrzeugen die pro Tag an Kaufungen vorbeifahren werden sind deutlich mehr als die Hälfte Pendler, die zur Arbeit nach Kassel fahren. Ein Verlegen der A44, wie von den Autobahn befürwortenden Bürgerinitiativen gefordert, macht also keinen Sinn. Der überregionale Verkehr wird, aufgrund der im Vergleich zur A38 ungünstigeren Streckenwahl, niedrig bleiben und der Pendlerverkehr weiter über die B7 fließen. (VerkehrsgutachtenPlanfälle A und B)

Unsere Hoffnung setzen wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in Kaufungen in eine Einsicht des Bundestages und eine Beendigung des Projektes 15. Wir können uns vorstellen, dass die schon gebauten Teilstücke zu einer Bundesstraße zusammengesetzt werden. Wo noch nötig, wie z.B. in Kaufungen, müssen Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden. Die Umweltschäden wären begrenzt. Der freiwerdende dreistellige Millionenbetrag kann für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Dazu braucht es einen deutlich grüneren Bundestag.
Die Möglichkeit dazu haben wir am Sonntag dem 14. März.

 

Diskussion der vorgelegten Planung:

Nach der Variante komplett im Hang / Wald 2006 und auf der B7 2011 gibt es jetzt eine Variante knapp neben der B7. Das ist eines der Ergebnisse einer Beteiligung der betroffenen Gemeinden und Umweltverbände an der Planung zu der der Verkehrsminister Tarek Al Wazir (Grüne) die Planungsbehörden verpflichtet hatte. Er erweiterte damit eine Idee aus dem Koalitionsvertrag Rot/Grün von 1995, der bereits eine Information während der Planungsphase vorsah. Nachfolgende Regierungen hatten daran kein Interesse. Im sogenannten Dialogverfahren mussten sich die Planer die Ideen und Wünsche der Betroffenen direkt anhören.

Der Erhalt der B7 soll potentiellen Umleitungsverkehr direkt durch Kaufungen vermeiden. Die geplante Autobahn rückt dafür aber teilweise in den Wald. Zwischen Helsa und Kaufungen werden so ca. 46 Hektar Wald gerodet werden. Davon sollen ca. 27 Hektar, nach der Bauphase, wieder aufgeforstet werden. Geplant sind weitere Aufforstungen an der Strecke sowie z.B. in Fritzlar. Von zusammen ca. 25 Hektar. Das wäre längerfristig auf dem Papier ein theoretisches plus von ca. 6 Hektar für den Wald, braucht aber intensive Begleitung.

Zugesichert wird weiter der Erhalt des Brunnens Kohlenstraße sowie „bestmöglicher“ Lärmschutz. Beide Punkte klingen gut werfen aber auch Fragen hinsichtlich ihrer Realisierung auf. Der Brunnen könnte während der Bauphase beschädigt werden, bestmöglich ist ein dehnbarer Begriff. Insbesondere der mögliche Verlust des Brunnens und dessen geplante Stilllegung während der Bauphase werden von uns kritisch gesehen. Auch bei uns in Kaufungen sinkt infolge des Klimawandels und der Flächenversiegelung der Grundwasserspiegel. Wir unterstützen eine Gemeindeeigene Untersuchung des Einflusses der A44 auf unser Trinkwasser.

Verkehrstechnisch finden wir den Anschluss als reines Dreieck nicht gut gelungen. Die Herleitung mit Umwelt und Wasserschutz Argumenten finden wir, angesichts einer Planung mitten durch eine Kolonie des Bläulings, als Alternative schwierig. Fahrzeuge, die über die Leipziger Straße Kassel mit dem Ziel A7 verlassen, müssen durch die Auffahrt Niederkaufungen kreiseln und dieselbe Strecke auf der Autobahn zurückfahren.

Durch die Autobahn werden viele Tiere ihren Lebensraum verlieren. Darunter auch geschützte Arten wie die Bechstein Fledermaus oder der Ameisenbläuling. Die Planung trägt dem formal Rechnung und macht Lösungsvorschläge, die juristisch, nach Meinung von uns befragter Experten, schwierig angreifbar sind. Wir fordern dennoch weitergehenden Schutz, um den Tieren z.B. sicherere Überquerungsmöglichkeiten über die Straße zu bieten. Wir begründen dies insbesondere mit dem Alter des vorgelegten Umweltgutachtens.

Was passiert, wenn die Autobahn in Helsa endet und der Verkehr über die jetzige B7 fließt?

Das ist ein Szenario vor dem die Kaufunger Politik seit Jahren gewarnt wird. Von interessierten Kreisen wurde und wird hier auch praktisch Druck auf Kaufunger Gemeindevertreter ausgeübt. Im Verkehrsgutachten als „Prognose-Nullfall“ bezeichnet, wird sich Autobahnverkehr über eine eher dreispurige Straße quälen. Der Verkehrsgutachter Modus Consult schreibt dazu: „Auf dem nicht ausgebauten Streckenstück der B 7 zwischen Helsa und Kaufungen wird die Belastungsgrenze mit knapp 30.000Kfz/d erreicht. Der Anschluss der K 6 an die B 7 wird ohne zusätzliche Anpassungen nicht leistungsfähig sein, wodurch die Erreichbarkeit der B 7 im Prognose-Nullfall aus Kaufungen eingeschränkt sein wird – die Konsequenz ist auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen in der Ortsdurchfahrt der K 7 in Kaufungen.“ Quelle: https://mobil.hessen.de/sites/mobil.hessen.de/files/Unterlage%2022%20-%20VU2030-01EB_170830_0.pdf Dieses Szenario ähnelt der Situation Anfang der 90ger Jahre kurz nach der Grenzöffnung.

 

Wie wollen wir Kaufunger Grüne uns in der Gemeindevertretung verhalten?

Wenn die Autobahn schon gebaut wird, haben wir und werden wir uns auch weiter für die für Mensch und Natur verträglichste Variante einsetzten. Wir werden dazu unsere Kontakte in Landes- und Bundespolitik nutzen.

Wird nach unserer Informationslage Naturschutzrecht verletzt, werden wir uns dafür einsetzen, dass die Gemeinde die dann klageberechtigten Naturschutzverbände bei einer Klage unterstützt.

Wir wollen dasselbe wie vor 30 Jahren: Ausbau der Lossetalbahn. Bau- und Planungsstopp für die A44 / Projekt Nummer 15. und Umbau zur Umgehungstraße. Ziel ist eine Schonung der Natur und Entlastung der Anrainergemeinden vom Verkehrsfluss.

 

Linksammlung:

Die Tierischen Haupt Leidtragenden

Die Bechstein Fledermaus https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/arten/01332.html

Der Ameisenbläuling https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/schmetterlinge/tagfalter/14046.html

Der Wald
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/index.html

Verkehrsplanung

Link https://mobil.hessen.de/sites/mobil.hessen.de/files/Unterlage%2022%20-%20VU2030-01EB_170830_0.pdf

https://mobil.hessen.de/a44_vk11